„Es wird nie langweilig!” – Ein Expertengespräch über den Alltag in der Marktforschung mit Jan-Fredrik Stahlbock (GfK)
02/09/2022„Man geht anders durch den Supermarkt, wenn man sich täglich mit solchen Themen beschäftigt”. Jan-Fredrik Stahlbock ist Vice President des Advanced Solutions Team im Bereich Consumer Panels & Services bei GfK und entwickelt auf Basis von über 180 Millionen getrackten Produkten und den Einkaufsdaten von mehr als zwei Millionen Panelist:innen spezifische und innovative Beratungskonzepte für Kund:innen weltweit. Im Seminar „MK on the Job” gab er den Masterstudierenden spannende Einblicke in den Berufsalltag und die Zukunft der Marktforschung.
Für Jan-Fredrik Stahlbock ist Markforschung vor allem eins – abwechslungsreich. Denn innerhalb des klassischen Marktforschungsprozesses von Fragestellung, Datenerhebung und -auswertung sowie der anschließenden Ergebnispräsentation bei den Kund:innen habe man viele Freiheiten. Die verschiedenen Kund:innen und ihre Wünsche seien so vielfältig, dass Stahlbock in seiner langjährigen Karriere selten zweimal mit derselben Fragestellung beschäftigt war. Auch die Tatsache, dass diese Anfragen auf die Dynamik des Marktes reagieren, erfordere ein besonderes Problembewusstsein, um dadurch den Kund:innen möglichst einen Schritt voraus zu sein. Dies führe wiederum zu einer besonderen Aktualität und Spannung in diesem Berufsfeld. Natürlich seien die Verfahren zur Datenerhebung und -auswertung im ersten Schritt standardisiert. Spannend werde es aber besonders, wenn es zur Interpretation der jeweiligen Informationen komme. GfK verstehe sich dabei nicht nur als klassischer Marktforscher, sondern biete Kund:innen darüber hinaus mit Hilfe einer AI-gestützten Software-Plattform relevante Daten in Echtzeit. Auf Basis der aggregierten Daten würden konkrete Handlungsempfehlungen für Kund:innen erstellt, die deren strategische Entscheidungen beeinflussen. Das sei die große Verantwortung von Marktforscher:innen, aber auch eine sehr interessante und spannende Aufgabe.
Marktforschung findet aber nicht nur in Marktforschungsinstituten wie GfK statt, sondern auch auf Unternehmensseite, in Agenturen oder in Unternehmensberatungen. Stahlbock kennt die Marktforschung sowohl aus der Instituts- als auch aus der Beratungsperspektive und sieht den Hauptunterschied vor allem im Tätigkeitsschwerpunkt. Full-Service-Institute wie GfK würden hierbei die gesamte Bandbreite an marktforscherischen Tätigkeiten vertreten und böten damit für jede:n die Möglichkeiten zur freien Entfaltung. Zudem seien Marktforschungstätigkeiten ebenfalls in Unternehmensberatungen gefragt. Hierbei stehe insbesondere die Kund:innenberatung im Vordergrund, während der statistische Aspekt eine eher untergeordnete Rolle spiele. Welche Unternehmensart individuell letztendlich die richtige sei, komme daher ganz darauf an, „was man mag”. Außerdem sei es ein typischer Karriereweg, sich erst in einem Institut fachlich zu entwickeln, um dann mit der gewonnenen Expertise in ein Unternehmen zu wechseln, so der Experte.
Um in einem herausfordernden Berufsfeld wie der Marktforschung erfolgreich zu sein, sind unterschiedliche Kompetenzen unumgänglich. Der Umgang mit Zahlen und Analyseprogrammen ist erwartungsgemäß ein wichtiger Bestandteil – doch Stahlbock findet beruhigende Worte für all diejenigen, die Statistik als mögliches Hindernis ansehen: „Man muss nicht jeden statistischen Test können, aber man darf natürlich auch nicht ins Wanken geraten, wenn es darum geht, eine Korrelation zu erklären.” Nicht weniger relevant seien in der Marktforschung Kompetenzen wie ein hohes Maß an Eigeninitiative, Teamfähigkeit und Kreativität. Denn Marktforschung ist weitaus mehr als das reine Auswerten und Interpretieren von Zahlen, wie auch Stahlbock bestätigt: „Der Beruf ist sehr kreativ. Man hat grundsätzlich sehr viele Freiheiten, um auch selbst Dinge aus Daten zu entwickeln.“ Im Umgang mit den unterschiedlichen Kund:innen sei wiederum Kommunikationsstärke eine wichtige Voraussetzung, um im gemeinsamen Austausch Lösungen zu entwickeln.
Durch die große Aufgabenvielfalt ist die Marktforschung ein Berufsfeld, das Personen aus unterschiedlichsten Fachbereichen vereint. Denn obwohl viele Marktforscher:innen ein BWL- oder Psychologiestudium absolviert haben, ist es auch mit einem MK-Studium möglich, in dieser Branche Fuß zu fassen. Dies bestätigt auch Stahlbock: „Die Marktforschung ist durchaus ein Berufszweig, in dem man auch gerne über einen Quereinstieg Leuten eine Chance gibt. Man kann also nicht sagen, dass man zwingend einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften, Psychologie oder Soziologie braucht, um in der Marktforschung erfolgreich zu sein und gewisse Projekte gemeinsam zu entwickeln.“ Außerdem finde auch viel Marktforschung im Medienbereich statt, sodass entsprechende Fachkräfte sehr gefragt seien. Zusätzlich bieten die umfangreichen interdisziplinären und methodischen Kenntnisse, die ein MK-Studium mit sich bringt, eine gute Vorbereitung auf eine marktforscherische Tätigkeit.
Abschließend gibt Stahlbock den Tipp, dass besonders Praxiserfahrung in einem so breit gefächerten Berufsbild eine wichtige Rolle spiele: „Es ist durchaus sinnvoll, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, was es alles gibt und welche Bereiche individuell besonders interessieren.“
von Liv Bierhalter und Lara Schwope (Master Medienkommunikation), betreut von Dr. Ann-Kristin Herget